Collection Souvenir

 

Monika Ackermann sammelt. Nicht gezielt, wie ein Sammler, der stetig nach dem nächsten Stück für seine Sammlung sucht, Monika Ackermann sammelt, was der Alltag als Schwemmholz ans Ufer ihres Lebens spült: Ein Plastikteilchen von einer Baustelle, Beeren aus dem Strauch vor dem Atelier, Kinderspielzeug, das nicht mehr zum Spielen einlädt, Schächtelchen, deren Inhalt längst die Hülle nicht mehr braucht. Ihre «collection» entsteht aus scheinbar Belanglosem und ist nicht für eine Ewigkeit gedacht. Denn in dieser «collection» geht es nicht um das Gesammelte an sich, sondern um Assoziationen, Gedankenblitze, die sich mit den Dingen, wie zum Beispiel einer gelben Plastikblume, einem Holzstück oder mit metallenen Bauteilen verbinden - es geht um eine «collection», die aus «souvenirs» besteht. Und es geht darum, im Angesammelten eine neue Ordnung zu schaffen.

Im Atelier beginnt die Künstlerin mit den Gegenständen zu spielen, arbeitet absichtslos, intuitiv mit diesen Fundstücken: schickt ein Plastikschiffchen auf die Reise durch einen Schachtelozean, setzt hier einen Pfeil, der ins Nirgendwo weist, sperrt flüchtige Löwenzahnsamen in schwarzem Holz ein. Das Material ist vielfältig: Metall, Wachs, Textiles, Pflanzen und Kunststoff finden sich in den Objekten.

Nicht die "weisse Leinwand" ist der Ausgangspunkt ihrer Kunst, vielmehr reizt es Monika Ackermann, sich von Bestehendem inspirieren zu lassen, sich mit Material, mit Dingen auseinanderzusetzen und aus dieser Auseinandersetzung etwas Neues zu schaffen, das über das Materielle hinausgeht.

In der Stille des Ateliers werden die Gegenstände wieder und wieder aufgenommen, neu gruppiert, arrangiert und bearbeitet. Durch das Material spürt Monika Ackermann in ihren Objekten - wie auch in ihren Fotografien - etwas Immateriellem nach, einem Gedanken, einer Ahnung, einer Stimmigkeit, welche die Balance zwischen Fassbarem und Unfassbarem, zwischen Klarheit und Rätsel hält. Erst wenn diese Stimmigkeit erreicht ist und das Material beginnt, eine Geschichte zu erzählen, hat ein Objekt seine - vorläufig - endgültige Form erreicht und wird aus der Hand gelegt.

Die Kästchen und Objekte, die durch diesen intuitiven, ja meditativen Prozess entstehen, strahlen Stille aus, ruhen in einer Mitte und sind gleichzeitig für die Betrachterin, den Betrachter rätselhaft und irritierend.

Ganz ähnlich verhält es sich mit Monika Ackermanns Fotografien. Auf Spaziergängen in ihrer nächsten Umgebung sammelt sie Sujets, Bilder, die das Alltägliche, Unspektakuläre aus neuer Perspektive zeigen. Das Zuviel an Material auf den Fotografien - hier ein Teil einer Strasse, dort Gras oder ein Stück Himmel - wird im künstlerischen Prozess verdichtet. So werden die Bilder wie die Fundstücke im Atelier bearbeitet, werden Ausschnitte ausgewählt, wird mit Pinsel und Farbe in die Fotografie eingegriffen, bis das abgebildete Objekt in einer gefühlten Mitte steht.

Die Fotografien und Objekte, die in der Ausstellung «collection - souvenirs» gezeigt werden, stehen von ihrem Ausgangsmaterial und ihrem Entstehungsprozess her in einem engen Bezug zueinander, unterscheiden sich nur durch das gewählte künstlerische Vokabular. Und sowohl in den Objekten als auch in den Bildern wird eine Balance erreicht, die Stille und Rätsel in der Waage hält.

Das Format der Arbeiten, insbesondere der Objekte, ist klein. Sie drängen sich nicht auf, sondern wollen 'gefunden' werden, locken nicht mit lauter Farbe, sondern machen durch leise Irritation auf sich aufmerksam.

Mit ihren kleinformatigen Objekten und mit ihren Bildern nimmt uns Monika Ackermann auf eine Reise ins Vertraute mit, das uns unvermittelt geheimnisvoll und rätselhaft entgegentritt. In einer Welt, in der alles verstanden sein will, öffnet uns ihre Kunst einen Raum, in dem es nichts zu verstehen, aber viel zu entdecken gilt.

Nehmen Sie sich Zeit für die Entdeckungsreise durch diesen Mikrokosmos. Tauchen Sie ein in diese Welt des vermeintlich Banalen und entdecken Sie im Alltäglichen das Besondere. Schauen sie mit neugierigem Blick in die Kästchen und Schächtelchen, lassen Sie sich von Pfeilen in die Irre leiten, entziffern Sie Gebrauchsanleitungen und machen Sie sich auf Zahlen und Worte Ihren eigenen Reim. Betrachten Sie sich im Spiegel, der hinter der Kulisse der Gegenstände auf Sie wartet und Sie werden einer verspielten, skurrilen Welt begegnen, die mit viel Poesie und stillem Humor jeder Betrachterin, jedem Betrachter eine eigene Geschichte erzählt.

 

Text von Liliana Heldner